Der Standard-Net-Notes

Streit um digitales Briefgeheimnis

13. 5. 1996

Während zu Philadelphia die erstinstanzlichen Verfahren in puncto Online-Redefreiheit, wie berichtet, kurz vor den Urteilen stehen, erfolgte ein neuer Vorstoß zur Wahrung der Bürgerrechte bzw. der Durchsetzung des Freihandels im Internet. Die Positionen: Hüben Geheimdienste und Administration Bill Clinton, für die Verschlüsselungscodes immer noch von Exportverbot belegte Waffentechnik sind. Drüben formiert sich eine merkwürdige Koalition aus Bürgerrechtlern, Milliardären, Jakobinern und anderen Libertins, Online-Diensten sowie fast allem, was in Sachen Software Rang und Namen hat.

Angeführt wird der bunte Haufen momentan von einem konservativen Cowboyhut-Senator aus Montana namens Conrad Burns, der über seine Gesetzvorlage - auch Senator Bob Dole zählt zu den Unterstützern - heute, Montag, im Club-Wired Rede und Antwort stehen wird. "Pro Code" fordert die Aufhebung des Verbots, um den "electronic commerce" vermittels eines sicheren Zahlungsmittels anzukurbeln. Und dazu sind dieselben kryptographischen Algorithmen nötig, die auch das Bürgerrecht auf Briefgeheimnis schützen und möglich machen, was technisch schon längst drinnen und den schweigsamen Herren an den großen Rechnern der National Security Agency (NSA) recht zuwider ist: Near-on-abhörsichere Telefonie im Internet.

Und auch bei uns dahoam im Netz existiert seit 95 eine Initiative, am Uni-Rechenzentrum Hagenberg nächst Linz, die fordert für das Internet nur ein, was für das Universum Gutenberg selbverständlich ist: "Gebt Recht auf Briefgeheimnis, Sire."

wie berichtet:

  • Freie Meinungsäußerung, II, 22. 4 1996
  • Briefgeheimnis im Internet, 16. 1. 1996
  • Briefgeheimnis abgeschafft , 29. 12. 1995


    Erich Möchel