Was für ein Jahr: Ein Hardware- und zwei Softwarewechsel, fünf Netscape-Updates, zwei Modems ausgemustert und immer noch geht es der Expansion des Web ensprechend nicht schnell genug. Wer hält das Tempo mit? Die schweigsamen Herren an den großen Rechnern allemal, die das Web für die diversen Staatsleviathane überwachen, und was ein exponentielles Wachstum ist, zeigte das "Communications Decency Amendment" des U.S. Senats. Die Höchststrafen für elektronische Ordinärheit stiegen gleich um den Faktor zehn auf hundertausend Dollar an, in Sachen Datenschutz und Bürgerrechten hatten die "Electronic Frontier Foundation" und das "Center for Democracy and Technology" und andere Bürgerrechtsorganisationen mit Fortschreiten des Jahres immer häufiger Grund für Alarm. In den Rallies vom Dezember wider die geplanten Einschränkungen der Rechte von Privatpersonen auf Verschlüsselung ihrer elektronischen Post informierten 18.000 virtuelle Demonstranten die Abgeordneten so ausführlich, daß bei Senator James J. Exon, dessen Bill der erwähnten Gesetzesänderung zugrundelag, kein Fax und keine Mail mehr ging.
Mit der üblichen Zeitverzögerung erreicht die Diskussion nunmehr den europäischen Teil des World Wide Web: In Frankreich hat der Leviathan schon zugeschlagen und die Verschlüsselung privater E-Mail unter Strafandrohung gestellt, die EU-Kommission wird bald beraten, ob man das Briefgeheimnis ebenfalls abschaffen will. Um sicherzugehen, daß die zuständigen Herren auch erfahren, daß ihr Vorhaben einem General-Verbot von Briefumschlägen gleichkommt, beginnen sich europaweit Web-Initiativen zu formieren und - erfreulich - eine österreichische ist ganz vorne mit dabei.