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Erich Moechel

Data-Mining der CIA in SWIFT-Finanzdaten aus Europa

Im Rahmen des TFTP-Vertrags gegen Terrorfinanzierung werden laufend massive Finanzdatensätze aus der EU an die USA geliefert. Diese Daten erhält die CIA.

Von Erich Moechel

Langsam lichten sich die Nebel um die riesigen Datensätze, in denen die CIA nach eigenen Angaben Data-Mining betreibt. Bei den „ausländischen Finanzdaten-Plattformen“ von denen die CIA „große Mengen strukturierter Finanzdaten sammelt“, um die Finanzierung der IS-Terroristen zu stoppen, handelt es sich um die Datenbanken des Zahlungsabwicklers SWIFT.

Etwa 11.000 Banken aus 200 Staaten wickeln ihren Zahlungsverkehr über das SWIFT-System ab, das derzeit täglich um die 40 Millionen Datensätze verarbeitet. Teile dieser Datenmengen werden an die CIA aus dem europäischen SWIFT-System geliefert. Die Datenweitergabe basiert auf dem TFTP-Vertrag zur Bekämpfung der Finanzierung von Terrorismus aus dem Jahr 2010.

Screenshot aus Dokument

EU

Der erste Data Mining Report der CIA von 2016 ist ein interner Rechenschaftsbericht, der allerdings nicht an den Senatsausschuss zur Kontrolle der Geheimdienste weitergegeben worden war. Von diesem Dokument wurde nur die Präambel veröffentlicht, sowie eine Art Abstract des Inhalts: „Der klassifizierte Annex enthält: Beschreibung der Aktivität; Beschreibung der Technologie und der Methoden; Beschreibung der Datenquellen“ etc.

„Muster zur Vorausage von terroristischen Aktivitäten“

Auf Antrag zweier Senatoren musste die CIA eine Reihe bis dahin geheimer Dokumente über Data-Mining in internationalen Finanzdaten veröffentlichen.

Bereits 2010 war bekannt, dass bei diesen Datentransfers aus den SWIFT-Datencentern in Holland und in Belgien, die offiziell an das Finanzministerium der USA gehen, massive Datensätzen enthalten waren. Das liegt zum einen am technischen Set-Up der SWIFT-Systeme, denn dort werden nicht einzelne Überweisungen übermittelt, vielmehr wird der Datenaustausch zwischen den Bankverbünden en gros abgewickelt. Eine solche Datei im FIN-Format von SWIFT für Inter-Bank-Transaktionen kann also große Mengen einzelner Geldtransfers von Firmen, Institutionen und Privaten enthalten, die miteinander nichts gemeinsam haben, als dasselbe Geldinstitut und den Zeitpunkt der Überweisung.

Dazu kommt, dass die Anfragen äußerst breit gefasst sind, auch das ist seit 2010 bekannt. So wird etwa der Zahlungsverkehr einer bestimmten Bank über einen bestimmten Zeitraum angefordert, oder alle Auslandsüberweisungen aus einem bestimmten Wirtschaftsraum über mehrere Tage. Solche Datenmengen werden nämlich gebraucht, „um Anomalien, die auf terroristische oder kriminelle Aktivitäten hinweisen“, zu entdecken, wie es im Abschnitt des oben zitierten CIA-Dokuments heißt. Ebenso sollen mittels Data-Mining Muster zur Voraussage von terroristischen oder kriminellen Aktivitäten entdeckt werden. Die CІA betreibt hier also „Predictive Policing“, und wenn dieses CIA-Programm nur dazu dient, die Finanzströme von IS-Terroristen auszuforschen, warum stehen dann auch „kriminelle Aktivitäten“ in dieser Präambel der CIA?

Dokumente zu CIA greift laufend massenweise Finanzdatensätze ab

CIA

Die US-Senatoren Martin Heinrich und Ron Wyden hatten mit einem Antrag auf Veröffentlichung vor einer Woche den Stein ins Rollen gebracht. Beide gehören dem Geheimdienst-Kontrollausschuss des Senats an, dem die Existenz diese Programms fünf Jahre lang vorenthalten worden war. Alleiniger Grund für den Antrag war, dass in diesen riesigen „Collections“ auch Daten von US-Staatsbürgern verarbeitet würden, was dem Auslandsgeheimdienst CIA strikt verboten ist. Tatsächlich müssen sich in diesen gewaltigen CIA-Konvoluten Abermillionen von Einzeldatensätzen aus EU-Staaten finden. (ѕiehe unten)

Warum die Daten großteils aus Europa stammen

ORF-Futurezone 2010 07 07

Die Eckpunkte des SWIFT-Vertrags kurz vor dessen Verabschiedung im EU-Parlament im Sommer 2010. Darin wird auch die Art der US Abfragen näher beschrieben.

Warum gerade SWIFT-Daten, die in Europa prozessiert werden, in den USA so begehrt sind, hat historische Gründe. 2006 war bekannt geworden, dass die CIA seit 2001 systematisch Riesenmengen an Daten aus dem SWIFT Datencenter in Culpeper, Virginia abgezogen und analysiert hatte. Bis dahin waren sämtliche Transaktionen nämlich vollständig an beiden Haupstandorten Culpeper und Zoeterwoude (Holland) gespiegelt worden. In Folge dieses Skandals wurde das SWIFT-System aufgetrennt, die im EU-Raum anfallenden Daten werden seitdem nur noch im Datencenter Zoeterwoude in den Niederlanden und in Folge seit 2013 auch am neuen Standort in Diessenhofen (Schweiz) verarbeitet und gespeichert. Das SWIFT-System besteht seither aus einer transatlantischen und einer europäisch-asiatischen Zone, innereuropäische Transaktionen werden nur noch zwischen Zoeterwoude und Diessenhofen gespiegelt.

Das CIA-Programm zielt nach eigenen Angaben auf die Finanzströme der IS-Terroristen ab. Banktransferdaten aus Nahost oder vom Persischen Golf werden jedoch in Europa verrechnet, denn dafür wurde das Schweizer Datencenter auch gebaut. Ein bestimmter Teil dieser Datensätze wird im Rahmen des TFTP-Vertrags formal an das US-Finanzministerium geliefert, die Vorgaben dafür aber kommen ganz offensichtlich von der CIA. Wenn also der Zahlungsverkehr aus Abu Dhabi mit europäischen Banken über einen bestimmten Zeitraum angefordert wird, dann sind sämtliche Transaktionen von östereichischen Banken mit Abu Dhabi mit dabei.

Eklatanter Vertragsbruch steht im Raum

ORF-Futurezone 2006 06 27

Ein Aufsichtsratmitglied von SWIFT erklärte gegenüber ORF.at, dass mindestens 20 Mio FIN-Datensatzpakete seit 2001 von den US-Behörden abgepresst wurden.

Die obige Passage erklärt, warum die CIA die Existenz dieses Data-Mining-Programms sogar vor dem zuständigen Senatsausschuss geheim gehalten hat. „Die gelieferten Daten dürfen ausschließlich zur Entdeckung, Untersuchung, Vorbeugung und Verfolgung von Terroristen und deren Finanzierung verwendet werden“, heißt es nämlich im TFTP-Vertrag (Artikel 5, Absatz 2). Die CIA benutzt - wie oben zitiert - diese Daten nach eigenen Angaben auch zur Verfolgung anderer Straftaten. Das TFTP-Abkommen „soll und wird Data-Mining, oder jede andere Art von algorithmischer oder automatisierter Profilerstellung“ nicht umfassen heißt es in Artikel 5 Absatz 3, laut Absatz 4b „dürfen die gelieferten Daten mit keiner anderen Datenbank verknüpft werden“.

Die CIA gleicht diese Daten aber mit „unstrukturierten Datensätzen“ ab, die von der NSA stammen müssen, denn unstrukturierte Datensätze fallen beim Abzapfen von Datenströmen aus Glasfaserleitungen an. Das alles sieht also sehr nach einem eklatanten Vertragsbruch durch die US-Seite aus. Um das zu klären, wurde eine Anfrage an die EU-Kommission gerichtet, die den TFTP-Vertrag mit den USA ja ausgehandelt hat.

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