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Flugzeug schießt Rakete ab

U.S. Department of Defense

Erich Moechel

USA vor erstem Test von Hyperschallrakete

Nach sechs Jahren Entwicklung um sieben Milliarden Dollar soll der erste Hyperschall-Marschflugkörper der USA nun erstmals getestet werden. Russland hat die Tests an seinem Gegenstück „Zirkon“ nach 18 Monaten im März abgeschlossen.

Von Erich Moechel

In den USA steht der erste Testflug einer Hyperschallrakete offenbar bevor. Wie US-Fachmagazine berichten, soll der neuentwickelte Marschflugkörper AGM-183A in Kürze von einem Bomber des Typs B-52 abgefeuert werden und mehr als fünffache Schallgeschwindigkeit erreichen. Von der Navy bis zur Space Force haben so gut wie alle Waffengattungen bereits Bedarf angemeldet.

Aus einem aktuellen Bericht des US-Rechnungshofs geht hervor, dass seit 2015 bereits sieben Milliarden Dollar in die Entwicklung geflossen sind, weitere acht Milliarden sind bis 2024 budgetiert. Während die USA noch auf den ersten erfolgreichen Test warten, hat Russland sein erstes Testprogramm schon im März beendet. Im Juni soll der Zirkon-Marschflugkörper erstmals von einem U-Boot abgefeuert werden.

Flugzeug trägt Rakete

U.S. Department of Defense

Die AGM-183A wurde vom Konsortium rund um Lockheed-Martin gebaut, parallel dazu hatte auch Raytheon einen Auftrag zur Entwicklung eines solchen Hyperschall-Marschflugkörpers erhalten.

Edwards Air Force Base, Kalifornien

Anfang Oktober 2020 hatte die Admiral Gorschkow zum ersten Mal einen Marschflugkörper auf ein schwimmendes Ziel abgefeuert und war dort laut offiziellen Angaben mit 9.000 Km/h eingeschlagen

Der Launch der ersten hyperschallschnellen Cruise Missile der USA hätte bereits Anfang März erfolgen sollen, wurde dann aber ohne Angabe von Gründen um vier Wochen verschoben. Seitdem stehen auf der Edwards Air Force Base in Kalifornien alle Komponenten bereit, dazu gehört auch eine mächtige B-52H Stratofortress, die den vergleichsweise winzigen Marschflugkörper dann in bis zu 20 Kilometer Höhe abfeuert. Ein konventioneller Feststoff-Booster schießt ihn anschließend noch einige Kilometer höher, von wo der Gefechtskopf im freien Fall herunterkommt.

Irgendwo zwischen drei- und vierfacher Schallgeschwindigkeit springt dann das sogenannte Ramjet/Scramjet-Triebwerk an, das ist keine Rakete, sondern eine Turbine mit Wasserstoff-Einspritzung, die völlig ohne bewegliche Elemente auskommt. Der nötige Sauerstoff wird allein durch die hohe Geschwindigkeit verdichtet und in die Turbine eingepresst, um das Flugobjekt weiter zu beschleunigen. Etwa ab Mach 5 gilt dann das vielfach leistungsfähigere Scramjet-Prinzip, der zur Verbrennung nötige Sauerstoff wird bereits so stark verdichtet, dass Geschwindigkeiten bis zu Mach 20 möglich sind.

Flugzeugträgerkiller

TASS

Die russische Zirkon während des Starts aus einem der 24 Raketenschächte der Admiral Gorschkow. Aus diesen Schächten der russischen Fregatten werden bereits seit Jahren herkömmliche Marschflugkörper des Typs „Kalibr“ abgefeuert. Zuletzt war das beim Eintritt Russlands in die Kampfhandlungen in Syrien 2017 zu beobachten. Das Bild von Tass ist ein Screenshot aus dem offiziellen Video des russischen Verteidigungsministeriums.

Russland hat Tests bereits beendet

Die USA hatten die Materialfrage bei Hyperschallwaffen lange nicht gelöst. Dabei geht es um eine geeignete Legierung für Außenhülle und Leitwerk, die Temperaturen von 3.000 Grad widersteht.

Nach offiziellen Angaben der Militärs wird diesmal nur die erste Stufe getestet, also ein mit einer Dummyload bestückter Booster. Überraschungen sollten aber keineswegs ausgeschlossen sein, denn seit zwei Jahren läuft bereits ein „Rapid-Prototyping“-Programm. Zwei verschiedene Konsortien entwickeln seit 2019 parallel Prototypen für Marschflugkörper, die von Schiffen, Flugzeugen oder auch landgestützt abgefeuert werden können. Russland hingegen hat sein Testprogramm mit Zirkon-Marschflugkörpern, die alle von der Fregatte „Admiral Gorschkow“ abgefeuert wurden, nach 18 Monaten und vier erfolgreichen Tests bereits im März beendet.

Die Zirkon wurde nun den Streitkräften der russischen Föderation übergeben, im Juni soll dann bereits der erste Zirkon-Start von einem getauchten U-Boot aus erfolgen. All das wird von den US-Militärs mit einiger Sorge verfolgt, denn allein durch die kinetischen Kräfte beim Aufprall gelten diese Marschflugkörper als potenzielle Flugzeugträgerkiller. Statt eines herkömmlichen Gefechtskopfes transportieren sie einen Keil aus einer hitzebeständigen, schweren Metall-Porzellan-Legierung, denn das Flugvehikel rast zuletzt in einer brennenden Plasmawolke in Richtung Ziel.

Text

U.S. Government Accountability Office

Wie aus dieser Grafik des Government Accounting Office (GAO) - also des US-Rechnungshofs - hervorgeht, sind von 2015 bis 2024 insgesamt fast 15 Milliarden Dollar für Erforschung und Produktentwicklung im Hyperschallbereich vorgesehen.

Hyperschallwaffen unter Trump verschlampt

Um den großen Rückstand der USA bei hyperschallschnellen Marschflugkörpern aufzuholen, werden zwei konkurrierende Projekte an Lockheed und Raytheon vergeben.

Der US-Rechnungshof konnte in seiner Untersuchung insgesamt 70 Projekte des Verteidigungsministeriums identifizieren, die in der einen oder anderen Art allesamt mit Hyperschall zu tun haben und zwar in so unterschiedlichen Bereichen wie Materialforschung, Antriebsentwicklung oder Aerodynamik. Obendrein arbeiten hier Dutzende Abteilungen des Verteidigungsministeriums sowohl mit Abteilungen des Energieministerium wie der NASA zusammen.

Allerdings habe das „Verteidigungsministerium weder die Rollen noch die Zuständigkeiten oder die Führungskräfte der Vielzahl seiner an der Entwicklung von Hyperschallwaffen beteiligten Abteilungen dokumentiert“, heißt es im Rechnungshofbericht. Oder in der Kurzfassung: „Es fehlen konsequente Koordination und Führungskraft.“ Das bedeutet, Ex-Präsident Donald Trumps Verteidigungsminister Mark Esper hat in den Jahren seiner Amtszeit 2019/2020, als das Budget für Hyperschallwaffen verdoppelt wurde, seine Hausaufgaben nicht gemacht. Unter Esper hatte die Führung im Pentagon deshalb keinen Überblick über die eigenen Hyperschallprojekte. Es ist zu bezweifeln, dass die neue Führung unter Verteidigungsminister Lloyd Austin nach nur drei Monaten Amtszeit diese Entwicklung bereits überblickt.

„Sensible Informationen wurden ausgespart“

Der Bericht des Rechnungshofs liest sich so schon reichlich vernichtend, allerdings ist die nun öffentlich vorliegende eine bereits „bereinigte“ Version. Einleitend heißt es nämlich: „Das ist die öffentliche Version eines Berichts mit sensiblen Informationen, den GAO im Jänner erstellt hat. Informationen, die dem Verteidigungsministerium zu sensibel erschienen, wurden ausgespart.“

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