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Sassen ist Professorin für Urban Planning and International Affairs an der Columbia Universita, New York City. International bekannt wurde sie mit ihren Thesen zur neuen Rolle der Zentralität und der Global Cities im Rahmen der Welt-Ökonomie. Die westliche Kultur hat immer gern eine Welt der klassischen Gegensätze forciert: Als zunächst literarische Metapher hat dieser soziale Zusatzraum via electronic networking sehr rasch die Form einer alternativen Öffentlichkeit angenommen, deren Inhalt wesentlich gegenkulturelle Werte bilden. Die stehen aber im Kampf mit den gestalterischen Konventionen des Alltags. Und vielleicht trügt sie auch, diese immer wieder neu belebte Hoffnung auf das ganz andere. Womöglich droht ihr kommerzieller Ausverkauf. Allenthalben erhebt sich ein mythisches Geraune von der Gefährdung des Netzes durch seine Kommerzialisierung. Mit Sicherheit ist das aber noch nie ein machtfreier Raum gewesen. Wenn Saskia Sassen sagt, daß es an der Zeit wäre, dieses Netz zu re-theoretisieren, dann steht sie mit dieser Forderung zwar nicht allein, dennoch fehlen die entsprechenden Umsetzungen in einer fundierten Netzkritik. Die wäre einmal anzusetzen hinsichtlich einer profunden sozialwissenschaftlichen Entmythologisierung dessen, was da ist: Wenn wir mehr vom Cyberspace wissen wollen, der für die so vehement propagierte europäische Informationsgesellschaft eine zentrale Rolle einnehmen wird, dann müssen wir uns seinen realen ökonomischen Grundlagen zuwenden. Die Telematik ist deswegen so komplex, weil hier mehrere Ebenen zusammenspielen und weil die Gesetze des Realraumes hier eben nicht außer Kraft gesetzt sind. Die entscheidenden Aktivitäten politischer und wirtschaftlicher Natur - darauf insistiert Sassen - werden außerhalb des virtuellen Raums gesetzt, ebenso wie sich die Grundlagen der Informationsindustrie außerhalb der Sphäre befinden, in der sie zur Wirksamkeit kommen. Bei den telematischen Technologien handelt es sich schließlich um embedded technologies: McLuhan hat den Terminus vom Global Village geprägt; was von seiner Vorstellung übrigbleibt, ist der über Kommunikation errichtete soziale Zwang, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit, die sich mit dem Leben auf dem Land und in den Dörfern eben auch verbindet. Die Städte haben sich, ganz entgegen seiner unbedachten Prognose, keineswegs aufgelöst. Wenn ich ihre neuen Untersuchungen richtig interpretiere, dann erhärtet sich der Verdacht, daß der Consumer-demand nicht entscheidend sein wird für die neue Informations-Ökonomie. Pathetische Kulturkritik ist genausowenig Saskia Sassens Sache wie die populäre Cyber-Euphorie. Sie vertritt eine irgendwie aus der Mode gekommene politische Ökonomie, die Strukturen von Wirtschaftsaktivitäten bloßlegt, wie sie sich an den Schnittstellen von Räumen und von Materialitäten der Kommunikation manifestieren. Das sind die Zukunftsthemen einer künftigen Raumplanung, einer Architektur von morgen. Zitadellen im E-Space Die Öffentlichkeit, das ist die res publica. Es gibt keine Entsprechung einer res privata, doch liegt deren Bedingung der Möglichkeit in Entsprechung, in Relation zu ersterer. Die mediale Entgrenzung, durch die eine wirtschaftliche und politische Globalisierung erst möglich geworden ist, hat jetzt neue Abgrenzungsstrategien zur Folge, deren Dimension wir noch nicht kennen. Auf die Einführung der bestimmenden Medientechnologie seit der Renaissance, des Buchdrucks, folgten Jahrhunderte von Religions- und Grenzkriegen, ein Kampf um Glauben, Nation, Sprache und Texte. In unserer Gegenwart ist der Informationsraum zum umkämpften Raum geworden. Mit der Telekommunikation zeichnen sich jetzt neue Grenzzeihungen und neue Segmentierungen ab. Wer sind die Akteure dieses Kampfes, und worum wird gekämpft? Wichtigkeit gewinnen diese Fragen vor allem hinsichtlich einer neuen Cyber-Segmentierung, die Sassen diagnostiziert: es scheint, wie wenn durch die gesteigerte Attraktivität von Intranets für Firmen eine Art von Zitadellen im elektronischen Raum, durch Firewalls abgesicherte Rückzugsräume, errichtet werden. Nicht nur sparen Firmen enorme Kosten dadurch, daß hier weitgehend öffentliche Strukturen für private Zwecke genutzt werden:
Damit entsteht auch eine neue Geographie der Zentralität des infrastrukturell determinierten Zugangsraumes. Der Dezentralisierung von Kommunikationsstrukturen entspricht ein Konzentrationsprozeß der Machtstruktur. Corporate rules? Das `Netz´ stützt und ermöglicht die Performanz der globalen Akteure. Es vergrößert damit die Kluft, das politische Vakuum, das sich derzeit zwischen MNCs und NGOs auftut (zwischen Multi-National Companies und Non Governmental Organisations, oder im weiteren Sinn zwischen dem `Corporate Sector´ und der `Civil Society´). Der neue Wirtschaftskomplex, die neue Raumökonomie des Zentrums und die ins nahezu Unbegreifliche gestiegene Komplexität der Transaktionen (als Beispiel dienen hier die globalen Finanzmärkte) werfen Fragen der veränderten sozialen Ordnung auf, wie der neuen Ungleichheit innerhalb der Städte, der veränderten Organisation des Arbeitsprozesses, oder der informationellen Ökonomie. Indem sie sich dieser Themen annimmt, zeigt Sassen, daß es um mehr geht als um den vereinfachenden Dualismus von information rich vs. information poor: die zunehmende Entwertung industrieller Arbeit und neue Marginalisierungen zeugen bereits von einer Schuldlast der entstehenden Informationsgesellschaft, die künftige Generationen von Soziologen noch beschäftigen wird. Diese entscheidenden Fragen drehen sich nicht länger um ein mythisches Netz, sondern um reale Macht- und Herrschaftsverhältnisse, und damit natürlich auch um die Krise von öffentlicher Kontrolle. Noch vor aller Empirie ist es die vorrangige Aufgabe einer Retheoretisierung des Netzes, die Dimension dieser Fragen auszuloten. Saskia Sassen hat die Rolle der Stadt am Schauplatz globaler Prozesse neu interpretiert, vor allem in ihrem Werk über The Global City (1991), gefolgt von Cities in a World Economy (1994), auf deutsch gekürzt erschienen als Metropolen des Weltmarktes. Die neue Rolle der Global Cities (Campus 1996), und zuletzt On Governing the Global Economy (1996). Hinweis: Sassen Special am AEC |