Der Standard-Net-Notes

Freie Meinungsäußerung

5. 2. 1996

Fast wie im echten Fernsehleben hatte cnn.com die Nase vorn, als in der Nacht auf Freitag das neue Gesetz zur Deregulierung der U.S-Telekommunikation durch beide Häuser des Kongresses ging. Mittlerweile ist diese Bill, die, wie befürchtet, das sogenannte "Communications Decency Amendment" enthält, omnipräsent im Web. Vom Center for Democracy and Technology bis zur American Civil Liberties Union haben die virtuellen Bürgerrechtsorganisationen angekündigt, dieses Gesetz bei der ersten Gelegenheit anzufechten, weil es gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstößt. Wer "Fuck you" in einer Newsgroup postet, nackte Brüste oder gewisse Passagen aus Joyce's Ulysses zeigt, ist theoretisch bei Strafen von bis zu 250 000 Dollar mit dabei. Die Kongressmitglieder hätten sich "mit der US-Verfassung den Arsch gewischt" schreibt Louis Rosetto in einem Brandartikel des "Wired"-Magazins, von den Zinnen der "Electronic Frontier Foundation" weht schon das blaue Band, blitzartig als Symbol der bedrohten Meinungsfreiheit im Kyberall eingeführt.

Die Wartezeit, bis Präsident Clinton unterzeichnet, läßt sich am besten durch gute Taten überbrücken, zu denen nun einmal die Bekämpfung von Ahnungslosigkeit gehört. Neonazi Ernst Zündel hat, den Bemühungen erster Freiwilliger zum Trotz, noch immer nicht kapiert, daß es den Holocaust wirklich gegeben hat. Um diesen Abgrund an Informationsbedarf möglichst rasch einer Füllung zuzuführen, werden noch Menschen benötigt, die guten Willens und eines dicken Rechners sind.

Mail: Erich Möchel